Die Chorprobe

Montagabend um acht, es ist wieder soweit.
Längst wurden die Stühle aufgestellt,
und auch die Noten liegen bereit.
Alles sich eifrig über die letzten Ereignisse unterhält.

Man spricht über dies und das.
"Guten Abend!" ruft Frau Janich, um zu beginnen;
aber kein Mensch hört etwas,
und die Minuten entrinnen.

Schließlich steht doch jeder auf seinem Platz bereit,
aufmerksam Gymnastik und Einsingen zugewendet,
- denn nur Übung bringt echte Vollkommenheit -
dies wird zum Abschluss mit "li la li" beendet.

Danach beginnen wir im Kanonheft Seite X-Ypsilon,
doch da will erst gar nichts richtig funktionieren.
Erst im zweiten Versuch findet jeder seinen Ton,
und wir können unseren Geburtstagskindern gratulieren.

Herr Janich sieht es mit einem Blick,
der Tenor tritt heute mit vier Mann an.
Das ist gut für ein neues Stück,
also fangen wir auch gleich damit an.

Der Rest scheint, wie man sieht, vollzählig.
Nein, wo ist denn der Alt geblieben?
Das sind aber heute sehr wenig,
letztes Mal waren es doch noch sieben.

Trotzdem, machen wir weiter, denn Singen macht Spaß.
Doch warum setzt der Sopran nicht ein?
Er hat soeben den Auftakt verpasst,
er sollte ruhig etwas mutiger sein.

Den Bass wünscht man sich schwärzer schon.
Beim zweiten Einsatz guckt er etwas verstört;
er sang den Sopran mit falschem Ton,
hat’s dann gemerkt und ganz aufgehört.

Also der Bass einmal allein ------------,
so geht’s schon besser, zwar noch ohne Gewähr,
zur Unterstützung setzt der Alt mit ein,
schließlich dann alle zusammen – s o ... u n g e f ä h r - .

Aber das lassen wir heute mal so steh’n.
Beim nächsten Stück muss wohl ein Missverständnis sein,
Alt und Bass singen ab Takt zehn,
Sopran und Tenor setzen von vorne ein.

Also, Beginn, Ablauf und Strophen werden festgelegt, das hat nun jeder gehört;
und jetzt bitte das Ganze noch einmal, aber ohne Dialekt und im Steh’n!
Diese Methode hat sich schon oft bewährt.
Und siehe da, jetzt klappt’s auf einmal – da kann man mal seh’n!

Herr Janich, etwas heiser und ins Schwitzen gekommen, zeigt ein zufriedenes Gesicht:
"Warum nicht gleich so" – "Es – geht – doch!"
Auch im Chor, weil‘s zum Schluss gelungen, freut man sich.
Und – eine Probe bis zur Messe haben wir ja noch.

 

Edmund W. Meuter