Rinsecke - März 1995

Am Freitagnachmittag nach Karneval, wie jedes Jahr,
versammelt sich eine fröhlich plaudernde Sängerschar.
Auf dem Parkplatz am Gymnasium steht ein Bus bereit;
das Gepäck wird verstaut, man steigt ein, dann ist es so weit.
Los geht’s und schon biegt der Bus um die Ecke:
die capella nova ist auf dem Weg nach Rinsecke.

Sich entspannend oder plaudernd sitzen wir im Omnibussessel:
“Haben wir heute auch wirklich niemanden vergessen?“
„Ob im Rothaargebirge auch dieses Jahr noch Schnee liegt?“
Jetzt sind wir da, wo der Bus von der Autobahn abbiegt.
Ein Stück Straße in schöner Landschaft liegt noch auf der Strecke,
dann sind wir auch schon am Ziel - in Rinsecke.

Alle Gepäckstücke und Mitbringsel werden ausgeladen und dann die Zimmer aufgesucht.
Wer, wo, was, wurde bei den letzten Proben auf großen Plakaten verbucht.
So hat auch für die Abendessen und für’s Kaffeetrinken jeder etwas mitgebracht.
Ich hab beim Einquartieren auch schon sofort mein Bett gemacht.
Nach gemeinsamem Singen wird gemütlich geklönt bei Bier und Wein,
so stimmen wir uns am ersten Abend endgültig auf Rinsecke ein.

Den Samstagmorgen können wir mit Meditation und Musik einleiten,
wer nicht will, hilft das Frühstück zuzubereiten.
Wer dann beim gemeinsamen Frühstück immer noch nicht richtig wach,
die anschließende Körpererfahrung mit Atem- und Entspannungsübungen holt das dann nach.
Gespült und aufgeräumt wird auch so nebenbei,
in Rinsecke ist das ganz selbstverständlich, irgendwer ist immer dabei.

Dann wird gesungen, ein neues Werk einstudiert,
wir sind ganz intensiv auf die Chorarbeit konzentriert.
Manchmal arbeiten die einzelnen Stimmen getrennt,
bis jede ihren Part dann schon gut genug kennt.
Schwierigkeiten, für die wir sonst brauchen viel Probestunden,
in Rinsecke werden sie in kürzester Zeit überwunden.

Zum Mittagessen wird das Tischgebet natürlich gesungen,
zumal die Speisen der Kochgruppe wieder mal erstklassig gelungen.
So lassen wir’s uns schmecken mit großem Genuss.
Spülen und Aufräumen danach ist natürlich wieder ein Muss.
Sofort melden sich viele, das ist hier kein Problem,
in Rinsecke ist das - ruck,zuck - im Handumdreh’n gescheh’n.

Wer will macht dann einen Verdauungsspaziergang oder ruht sich aus,
fast alle kommen zum Kaffeetrinken wieder nach Haus.
Wir sind ausgeruht und entspannt, niemand fühlt sich gehetzt,
und so wird die Chorarbeit vom Vormittag fortgesetzt.
Zur Auflockerung ein paar bekannte oder auch neue lustige Stücke,
das muss natürlich auch sein in Rinsecke.

Dann aber am Samstagabend, kommen alle zusammen in den Saal
zum gemeinsamen Gottesdienst, dies Jahr mit richtigem Abendmahl,
denn ein Priester hat sich wieder extra freigenommen
und ist zu uns nach Rinsecke gekommen.
Von einer kleinen Gruppe vorbereitet, nur die capella nova allein,
so ungefähr könnte es mit den zwölf Aposteln auch gewesen sein.

Später, nach kaltem Buffet am Abend, kommt wieder eine gemütliche Runde,
Musik und Getränke sind dabei wieder mit im Bunde.
Die Stühle an die Außenwand gestellt, wird eine Tanzfläche frei,
teils von der Jugend angesteckt, sind alle bei den Volkstänzen dabei.
Auch die, die auf Tanzböden sonst kaum machen einen Schritt,
hier in Rinsecke machen selbst solche Tanzmuffel mit.

Wer will, trägt ein bekanntes oder selbstgebasteltes Liedchen vor,
schon bei der zweiten Strophe begleitet ihn dann der ganze Chor.
Auch Gedichte und andere Vorträge sind angebracht.
Es wird geredet, gesungen, getanzt und gelacht.
Zum Schluss wird vielleicht „Noch ein Lied bevor wir auseinandergeh’n“ gesungen,
das ist bisher selbst in Rinsecke nie so ganz hundertprozentig gelungen.

Letztes Jahr weckten uns Frühsänger von Gitarrenklängen begleitet,
ansonsten wird der Sonntag wieder wie üblich eingeleitet.
Nach Meditation, Frühstück und Körpererfahrung beginnt wieder die Chorarbeit.
Bis zum Mittagessen haben wir zur Vertiefung des neuen Werkes Zeit.
Ist dann gespült, wird beim Spaziergang und Kaffeetrinken darüber nachgedacht,
was wir dieses Jahr in Rinsecke haben falsch oder richtig gemacht.

Inzwischen werden die Zimmer aufgeräumt und die Koffer gepackt.
Auch in der Küche vollzieht sich der letzte Spül- und Säuberungsakt:
“Hier ist noch was übrig, möchte jemand noch etwas Gepäck?“
Währenddessen bringen die anderen zu dem bereitstehenden Bus das Gepäck.
Wenn dann alles verstaut ist, nichts vergessen, steigen wir schließlich ein:
die capella nova fährt singend und lachend wieder von Rinsecke heim.

Zuhause höre ich meine Tochter zu ihrem Bruder sagen:
“Jetzt ist es günstig, jetzt musst du ihn fragen.
Er hat gute Laune und ist richtig aufgeräumt,
er sagt zu allem „ja“, wovon man sonst nur träumt.“
Ich hör’s, denn ich sitze im Wohnzimmer direkt um die Ecke,
und denke bei mir: „Das war wohl auch Rinsecke.“

Edmund W. Meuter