capella nova in Mainz
Katharinenkirche in Oppenheim

Die Bundesbahn brachte uns in den kleinen Ort Oppenheim, den man landläufig mit Wein in Verbindung bringt, aber nicht mit einem grandiosen Kirchenbau.

Das ist die ev. Katharinenkirche, die über der Altstadt Oppenheims thront und oft als schönstes Bauwerk der Gotik nach dem Kölner Dom und dem Straßburger Münster benannt wird.
Wie kam der kleine Ort Oppenheim zu dieser Kirche aus rotem Sandstein mit 3 Türmen?
Unsere junge Kirchenführerin begann Ihren Part bei strahlendem Sonnenschein und reichlich Wärme vor der Südfassade.
Oppenheim hatte im Mittelalter eine größere Bedeutung, lag an einer Handelsstraße. Da die Grenze zweier Bistümer mitten durch die Stadt Oppenheim lief, soll es auch klerikale Konkurrenz gegeben haben mit Blick auf die größere Kirche.
Baubeginn war wahrscheinlich 1225 als Oppenheim bereits das Stadtrecht besaß und zog sich über 2 Jahrhunderte in Abschnitten hin. Die Zwillingstürme sind im romanischen Stil erbaut, alle anderen Bauabschnitte gotisch.
Es gab große Brände und Zerstörungen durch Krieg im 17. Jahrhundert. Die Dächer und Gewölbe stürzten ein, die meisten Fenster wurden zerstört. Der Wiederaufbau zog sich über lange Zeit hin, geschah aus Geldmangel etappenweise. Rechts neben der Eingangstür ins Langhaus erinnert eine Brotform mit Inschrift an hohe Brotkosten während der Bauzeit.

Unsere Augen wanderten über leuchtende Glasfenster, Spitzbögen mit knospenden oder aufblühenden Rosen an den Rändern. Aufmerksam gemacht wurden wir auf  Symbole der Lebenszeit wie den Kindskopf, den Jüngling und den erwachsenen Mann. Das Bildnis Theodor Heuss ist erkennbar und schließlich ein Sterbender.


Südfassade mit Rosettfenster

Die Katharinenkirche ist vor allem wegen ihrer Fenster berühmt. In der Südfassade sind das das Lilienfenster und die „Oppenheimer Rose“. Grundriss der Oppenheimer Rose ist eine Heckenrose als Zeichen der Liebe Gottes zu den Menschen. Die Fenstermitte zeigt das Stadtwappen. Die Glasscheiben stammen aus dem 14. Jahrhundert und sind fast original erhalten. Zur Oppenheimer Rose gehört die folgende Legende: Der Meister, der die Rose entwarf, führte sie nicht im Detail aus, sondern übertrug dies seinem Gesellen. Der veränderte den Entwurf seines Meisters. Das Werk war gut und der Meister fühlte sich übertroffen. Er streckte den Gesellen mit einem Faustschlag zu Boden, was er mit dem Leben bezahlte.

Von der Südfassade ging es um die Kirche herum zur Michaeliskapelle mit dem Beinhaus.
Hier werden Knochenfunde des alten Kirchhofs aufbewahrt und sind frei sichtbar. Es gab
früher eine direkte Querverbindung zwischen Kirche und Kapelle. Heute sieht man davon nur Ansätze in den Mauern.

Dann betraten wir das eindrucksvolle Gotteshaus. Unsere Augen gewöhnten sich bald an die anderen Lichtverhältnisse. Das Langhaus mit den Seitenschiffen ist im gotischen Stil erbaut. Der Blick des Betrachters wird völlig gefangen genommen von der Größe der Fenster, den Farben und Motiven. Von der alten Ausstattung im Kircheninnern ist bis auf Grabmäler nicht viel übrig geblieben. Eine überaus farbprächtige Darstellung der Lutherischen Familie beim Musizieren verdankt die Kirche einer Stiftung.
Die große Anzahl der riesigen Fenster erzählt eine Fülle von Geschichten aus „Altes und Neues Testament“, wollen christlichen Glauben vermitteln. Da gibt es das Katharinenfenster, das Schöpfungsfenster, Hl. Geist Fenster, Fenster der Weltreligionen. Sehr viele Fenster sind mittlerweile saniert und die ältesten mit Schutzglas versehen. Hoffentlich können sich noch viele Generationen daran erfreuen. Wir verließen sehr beeindruckt diese Kirche, nicht ohne gemeinsam einen Kanon zu singen.
„Stadt unter der Stadt“
Danach ging es zur einstündigen Führung in die „Unterwelt“, eine ganz besondere Oppenheimer Attraktion. Aber zunächst mal wurden wir mit grünen bzw. roten Helmen je Gruppe ausgestattet. Den Grund erkannten wir schnell. Die Tür ins Verließ wurde aufgeschlossen und schon ging es unebene und ungleiche Stufen abwärts. Die Beleuchtung war dürftig, die Temperatur ca. 16°, wir befanden uns im Keller. Dank der Helme musste sich niemand den Kopf stoßen, es war aber auch darauf zu achten, dass unterwegs niemand den Anschluss zur Gruppe verlor. Das Labyrinth wurde mal schmaler, mal breiter oder niedriger, die Wände schief, einen Plan des Ganzen konnte man nicht erkennen. Wir erfuhren, dass die ersten Gänge wohl im 12. Jahrhundert bereits gebuddelt worden seien. Der Boden besteht aus Lös, was das Graben erleichterte. Die Gänge breiten sich nicht nur in einer Ebene aus, sondern sogar in mehreren Etagen. Genutzt wurde das ganze System im Mittelalter als Lagerraum und in Kriegszeiten als Unterschlupf. Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Kellersystem kaum genutzt, in den obersten Gängen sammelte sich Müll und Schutt. Durch eindringendes Wasser versank 1986 ein Streifenwagen in einem Erdloch was durch ein Foto im Labyrinth belegt wird. Das war der letzte Anstoß zur Sanierung des ganzen Systems. Abgeschlossen ist diese Arbeit noch nicht.
Wir stiegen hinauf in die Altstadt und freuten uns auf ein weiteres Highlight:
Auf zur Weinprobe!

Irmgard Minte