Besichtigung des Freilichtmuseums „Von-Velen-Anlage“ in Papenburg

Am Montagmorgen stand die Besichtigung der Von-Velen-Anlage auf dem Programm, die nur wenige Gehminuten von unserer Unterkunft, dem HÖB, entfernt lag. Das gute Wetter lud auch zu einem kleinen Spaziergang ein. Am Freilichtmuseum angekommen, wurden wir in zwei Gruppen aufgeteilt, da die gesamte Gruppe für eine Führung durch das Freilichtmuseum zu groß gewesen wäre. Hier wurde uns ein Einblick in die Geschichte Papenburgs gewährt, die eng mit dem Leben im Moor und dem Torfstechen verbunden gewesen ist.

Im Jahr 1631 erwarb Dietrich von Velen das „Gut Papenborg“ als Lehen. Er wollte die Moorlandschaft erschließen, um später das Land durch Torfabbau urbar zu machen, um dort eines Tages Landwirtschaft betreiben zu können. Er gründete daher eine Fehnkolonie (Kolonie zum Torfabbau). Es wurden Kanäle ausgegraben, die einerseits zur Entwässerung des Moores dienten und zum Anderen zum Transport des Torfes mit Plattbodenschiffen über diese Kanäle Richtung Ems bzw. zur Nordsee dienten. Der Torf wurde zur Ziegelherstellung u.a. nach Emden, aber auch nach Bremen und Hamburg transportiert.

Die ersten Siedler wurden mit Werbebriefen u.a. aus dem Münsterland angeworben. Die Vorteile für die Siedler waren, dass sie seinerzeit nicht in den 30-jährigen Krieg ziehen mussten, sie ein Stück Moor von ca. 40000 m² bekamen und sie 5-10 Jahre von der Steuer befreit waren. Natürlich stand das Torfstechen im Lebensmittelpunkt und es war ein hartes Brot, dem Moor ein kleines Stück Land abzugewinnen. Die Siedler errichteten auf dem Hochmoor zunächst kleine, fensterlose Katen. In der Mitte dieser Hütten aus Ästen und Heideplaggen befand sich eine Kochstelle/ein Kamin. Später wurden stabilere Katen mit einer Ziegelwand gebaut, die auch das Brandrisiko verringerten. Diese Katen hatten auch Fenster. Wer Steine hatte, war reich (sozusagen: steinreich). Die Einrichtung in diesen Katen war armselig. Es gab eine aus Brettern gezimmerte Schlafbutze mit Stroh und Schaffellen.. Es gab einen Tisch, eine Holzbank und manchmal ein Regal für die Kochutensilien. Es gab eine Truhe mit Fellen und Kleidung. Die Menschen teilten sich die engen Behausungen mit ihren Tieren (Ziegen, Schafe, Hühner). Es gab häufig viele Kinder, von denen aber nicht alle überlebten. Das nasse und feuchte Klima forderte von den Menschen in dieser Zeit Ihren Tribut. Männer und Frauen arbeiteten ständig im Moor. Es war kalt und nass. Die Siedler hatten ihre Not mit Kälte, Krankheit, Hunger und Tod.
So entstand der Spurch: „Dem ersten sein Dod, den Twedden sein Not, den Dridden sein Brot!“
Das bedeutet, dass erst die dritte Generation der Siedler im Moor und von Torfstechen sein Überleben sichern konnte.

Unter der Grasnarbe befindet sich zuerst der sogenannte „Weißtorf“. Der Weißtorf brennt so schnell wie Papier, er bleibt trocken und bindet Gerüche. Danach kommt in ca. 60 cm Tiefe der Brauntorf. Wegen seiner guten Brennbarkeit war jedoch der noch tiefer liegende Schwarztorf der Wertvollste.

Das Torfstechen war harte und gefährliche Arbeit. Täglich stachen die Siedler mit „Stiekern“ fast 12.000 Torfstücke aus dem Moor. Die nassen Torfstücke wurde auf eine Karre geladen, zum Trocknen aufgeringt und anschließend auf ein Torfschiff verbracht. Die Torfschiffe wurden getreidelt, d.h. dass die Menschen, die Torfschiffe, durch die Kanäle ziehen mussten. Von daher war reich, wer ein Pferd besaß, welches das Schiff ziehen konnte. Da Krankheit und Tod ein ständiger Begleiter der Menschen und auch der Tiere war, wurde der Spruch geprägt: Muss ein Frau sterben, ist das ein Verderben. Aber: Muss ein Pferd verrecken, ist das der größere Schrecken.


Nachdem das Moor abgeräumt worden war, konnten die Siedler Ziegelhäuser errichten. Darin entstand dann ein Wohnraum mit Schlafstätten sowie ein Stall für das Vieh. Solche Häuser waren in der Von-Velen-Anlage am Beispiel eines alten Torfstecherhauses oder das Muttschifferhauses zu besichtigen.

Die Führung endete im „Papenbörger Hus“ und dort trafen auch beide Gruppe wieder auf einander. Nach einem kleinen gesungenen Ständchen ging es in Gastraum des Hauses, in dem schon Tische schön für eine Mahlzeit gedeckt waren. Als typisches Gericht wurden Buchweizenpfannkuchen - „Bauckweiten-Janhinnerk“ - mit Preiselbeeren serviert. Dazu konnten ein echter ostfriesischer Tee und Moorwater genossen werden. Auch unser Busfahrer Guido konnte mit uns gemeinsam Pfannkuchen und Tee genießen. Anschließend ging es mit dem Bus oder zu Fuß wieder zurück zum HÖB, um uns auf die Heimreise vorzubereiten.

Michaela Mause