Der ChorDer ChorleiterStimmbildung

Der Chor

Was war es, das uns 1991 dazu brachte, zur „capella nova“ zu finden? Freude am Singen? Sicher. Doch dies nicht allein!

Wir waren und sind auch heute getragen von der Idee, den Gemeindegesang im Gottesdienst zu bereichern, an seiner Erneuerung mitzuwirken, Anregungen von außen aufzunehmen und in die Gemeinde hineinzutragen.
Anregungen, die wertvolles Liedgut der Tradition vor der Erstarrung bewahren sollen und über das allzu Gewohnte und nicht selten leere Benutzen vieler Kirchenlieder hinweghelfen können.
Anregungen, die neue Frische verströmen, eine Frische, die anstecken soll, gerade auch, wenn sie anfangs manchem von uns in der Gemeinde noch ungewohnt ist und Neues abfordert.

So möchte die capella nova entzünden und zum Mitsingen aller im Gottesdienst Versammelten anstoßen: sie möchte nicht vorrangig den Zuhörern eigene Liedsätze vortragen; sie möchte vielmehr vorsingen und so alle Mitfeiernden zum Einstimmen und zum Mitsingen von solchen Liedern und Texten anregen, die glaubwürdig dem Christsein entsprechen, das wir in unserer heutigen Gegenwart zu leben versuchen.

Doch bleibt die durchaus berechtigte Frage: warum singen wir überhaupt im Gottesdienst? Genügt nicht das reine Gebet?
Ja, das Gebet trägt uns, die Betenden, stützt uns in unserem Glauben, aber auch, wenn wir zweifeln oder nicht weiter wissen. Das Gebet ist unser Sprechen mit dem schweigenden, aber zuhörenden Gott.
Und warum das gemeinsame Singen der Gebete?
Singen erweitert das Beten von unserem Kopf in unser Herz, erwärmt unsere Herzen, ergreift unser Beten emotional, umwärmt die Betenden und ihr Gebet. So kann Singen „Freude ausstrahlen“, aber auch ermöglichen, dass „das Verlangen nach Gott“ und kontemplativem Gebet in uns wächst (Frère Roger). Singen bringt also unser Beten zum Klingen, das in jedem von uns nachklingen will und soll.
Zudem: Singen verbindet die Betenden, die oft einsam sind, schafft eine Atmosphäre emotionaler Geborgenheit, gemeinsamer Trauer und Freude, und erfüllt auch den Raum, in dem wir Gottesdienst feiern. Singen – so H.Oosterhuis – kann begeistern, bringt das im Gebet Gesprochene und Gefühlte zum Ausdruck und gibt aus diesem Erlebnis heraus neue Kraft zum Leben. Was also wäre eine Feier ohne Singen, das dieses Erleben der Gemeinsamkeit ermöglicht?

Dieser großartigen Aufgabe zu dienen und die eigene Freude am Singen damit verbinden zu können, bereichert uns in der capella nova immer von neuem in hohem Maße.

Alois Stuhldreher
Foto: T. Leschinski

10 Jahre .... und kein bisschen leise

Wir wohnten gerade anderthalb Jahre in Hochdahl, als wir uns am 28.11.1991 zum ersten Mal zu einem Informationsabend trafen. Etwa 25 Interessierte kamen zum Gespräch über einen neuen Chor. Ich wusste schon: „capella nova“ sollte er heißen, heute mittlerweile eine feste Institution bei vielen gemeinsamen Gottesdiensten, bei aktiver Freizeitgestaltung, Offenen Singen und anderen Aktivitäten. Damals trafen sich meist „Nicht-Musiker“, viele hatten noch nie oder lange nicht mehr in einem Chor gesungen, etliche waren nur mal neugierig, wie so etwas funktioniert. Genau das war auch von mir beabsichtigt, nämlich Leute zum Gesang zu bewegen, denen vielleicht sonst etwas fehlt.
Von Anfang an stand fest, dass der Chor für die Liturgie da sein sollte. Anlass war der Rückblick auf die Beschlüsse des II. Vatikanischen Konzils und die darauffolgende Liturgiereform. Die Messen, die ich gewohnt war, waren oft langweilig, oberflächlich, „so dahingebetet und -gesungen“. Aktive Teilnahme am Gottesdienst, Verständnis für die Liturgie und Mitgestaltung an einer farbigen und abwechslungsreichen Durchführung waren die Gedanken, die mich damals bewegten. Dabei war es egal, wie „gut“ die neuen Mitstreiter waren. Ich wollte (auch für mich) ein Experiment wagen. Bisher hatte ich schon mehrere Chöre geleitet, die aber alle in einer „Kirchenchor-Tradition“ steckten und nicht so ohne weiteres bereit waren, sich auf Neues einzulassen.

Und was ist daraus geworden?

Ich muss mir selbst eingestehen, dass ich heute nicht mehr zurück könnte, aber auch nicht wollte. Ich habe mir immer gewünscht, Gottesdienste aus einem Guss zu machen. Jeden Gottesdienst so erleben zu wollen, das wäre natürlich zu viel verlangt – das geht wohl kaum. Aber hin und wieder hat man Sternstunden, die tief gehen und bewegen, die weiter tragen, die mir etwas geben. Dann bin ich sehr zufrieden, weil andere etwas mit mir geteilt haben, weil daran viele mitgewirkt haben. Für mich ist es nicht so wichtig, „wie“ wir gesungen haben, (obwohl die Chormitglieder das immer fragen) nein, für mich ist ganz wichtig, was wir, was ich mitgenommen habe aus diesem Gottesdienst, was mich in den folgenden Tagen begleiten könnte.
Unter diesem Aspekt kann ich sagen, dass die capella nova auf ihrem 10-jährigen Weg „erfolgreich“ war. Viele neue Sichtweisen wurden eingebracht, in vielen Gottesdiensten eine Stimmigkeit mit den Texten des Tages und der Predigt erreicht, so dass alle Beteiligten den Heiligen Geist spüren konnten (Ich denke z.B. an die Vorabendmesse am Pfingstsamstag 2001, die wir gemeinsam mit dem Besuch aus Cergy feiern konnten). Oft ist man dann begeistert vom fugenlosen Zusammenfügen verschiedener Teile, so dass man erfüllt nach Hause gehen kann und etwas mitnimmt.

Natürlich geht es der „capella nova“ auch um die Musik. Vor jeder Probe stimmen wir uns ein, um dann sehr intensiv an der Literatur zu arbeiten, die wir uns gerade vorgenommen haben. Das sind häufig zeitgenössische moderne Gesänge (oft als Neue Geistliche Lieder bezeichnet) aber auch andere Literatur aus vielen Musikepochen. Letztendlich ist die Epoche gleichgültig, wichtig sind Aussage und Qualität der Musik. Bisweilen hören wir uns Musikwerke an, sprechen darüber und erlangen dadurch einen anderen (neuen?) Zugang. Chormitglieder sagen mir oft, dass sie jetzt genauer hin hören, wenn Musik gemacht wird; sie achten auf Texte, auf Aussprache, auf den Gesamtklang. Sie achten auf die Botschaft, die Musik vermitteln will.
Vor allem gefällt mir, dass die Chormitglieder auch ihre Ideen einbringen. Termine werden immer mit Interessierten gemacht, Fahrten von verschiedenen Leuten vorbereitet, größere Anlässe vor der Durchführung besprochen. Das heißt, jeder macht mit nach seinen Interessen und Fähigkeiten. Das ergibt ein vielfarbiges Bild und dieses Bild muss jedes Mal neu entworfen und in die Tat umgesetzt werden.

Der Zuspruch ist erfreulich groß – mittlerweile haben wir 52 Chormitglieder zwischen 30 und 75 Jahren. Alle sind hoch motiviert, fühlen sich gut aufgehoben in der Gemeinschaft. Wir lachen viel und intensiv in den Proben. Oftmals bekomme ich meine eigenen Anekdoten zu hören. Aber gerade das zeigt mir: Wenn wir einander zuhören, dann ist der Spaß auf beiden Seiten.

Wer jetzt Lust bekommen hat uns näher kennen zu lernen, mehr über den Chorleiter erfahren, gute Stimmbildung erleben, Singen mit Lachen und Spaß verbinden möchte, der ist herzlich zu unseren Chorproben eingeladen: Jeden Montag von 20.00 - 21.45 Uhr im Saal der Heilig-Geist-Kirche, Erkrath-Hochdahl, Brechtstr. 3 - 7.

Bernhard Janich
Foto: G. Janich

Stimmbildung

Als mein Mann im Januar 1991 die capella nova ins Leben rief, wollte ich ihm in den ersten Proben eigentlich nur ein wenig helfen, organisatorische Dinge zu klären, Kontakte zu knüpfen, ihm mit Rat und Tat zur Seite stehen und bei den ersten zarten Versuchen irgendwie vierstimmig zu singen in der Stimmgruppe zu helfen, die mich gerade am dringendsten brauchte. Dabei hätte ich mir manchmal gewünscht, allein mehrstimmig singen zu können!
Daraus sind inzwischen mehr als 15 Jahre Stimmbildungsarbeit in der capella nova geworden und ich glaube, dass sich keines der Chormitglieder heute ein Singen ohne Einsingen vorstellen könnte.
Wenn man noch nie erlebt hat, wie es ist, wenn sich über 30 Menschen zusammenfinden, die teilweise noch nie in ihrem Leben in einem Chor gesungen haben, dann kann man sich das kaum vorstellen. Es ist ja gar nicht so einfach auf ein Handzeichen hin gemeinsam mit dem Singen zu beginnen. Noch viel schwieriger ist es aber, ein Lied auf ein kleines Zeichen hin auch wirklich gemeinsam zu beenden. Und dann hat ein Melodiebogen ja auch noch ganz viel mit dem Atem zu tun, ein für die meisten Chorsänger großes Problem.
Diese und noch viel mehr Schwierigkeiten anzupacken, dem neuen Chor das Singen nahe zu bringen, die Stimmen ungeübter Sängerinnen und Sänger zu schulen, sie an meinen Erfahrungen als Konzertsängerin teilhaben zu lassen war eine große Herausforderung für mich und ist es bis heute geblieben.

Schon als Kind habe ich im Kirchenchor meiner Gemeinde in Düsseldorf meine ersten Gehversuche in der Kirchen- und Chormusik gemacht, und die leidenschaftliche Freude, in einem Ensemble mehrstimmig zu singen, hat mich mein Leben lang begleitet.
Glücklicherweise konnte ich nach dem Studium an der Pädagogischen Hochschule ein Gesangsstudium absolvieren, mir damit einen Traum erfüllen und mein Hobby zum Beruf machen. Neben der Konzerttätigkeit habe ich mich in den letzten Jahren aber auch verstärkt der chorischen Stimmbildung gewidmet und zahlreiche Fortbildungen besucht.

Was heißt denn eigentlich Stimmbildung? Singen ist ja kein Vorgang, der nur den Hals, die Stimmbänder oder den Kehlkopf betreffen. Das Instrument des Sängers ist der ganze Mensch mit Körper und Seele. Vom Ausatemstrom des Menschen wird die Stimme getragen, und deshalb ist mir die Arbeit mit und am Atem so besonders wichtig. Singen ist eine Form der körperlichen Arbeit, und deshalb muss der Körper auch darauf vorbereitet, aufgewärmt werden, wie bei jeder anderen sportlichen Disziplin.
Deshalb bemühe ich mich immer eine Mischung aus Körperlockerung, Atemübung und Singschulung anzubieten, wobei ich mich nie an ein festgelegtes Programm halte, sondern mich vielmehr mit bestimmten Übungen den Bedürfnissen des Chores anpasse. Manchmal ist es sinnvoll mit einer ganz stillen meditativen Übung zu beginnen, um die Chorgruppe zur Ruhe zu bringen. Manchmal ist es aber auch nötig, den Chor richtig in Bewegung zu bringen um ihn wach zu rütteln.

Nur ein ausgeglichener, fröhlicher Mensch mit einigermaßen richtiger Körperhaltung kann seine Stimme zur vollen Entfaltung bringen. Deshalb beginnen wir jeden Montag die Chorprobe mit einer bunter Mischung des vorher genannten, lernen in immer wieder neuen Tonabfolgen, den Vokalausgleich oder singen Zungenbrecherübungen, die für eine gute Artikulation sorgen. Wir singen lustige Kanons, wir trainieren die Höhe und die Tiefe und geben nicht auf, gemeinsam an einem einheitlichen Chorklang aller Stimmen zu arbeiten. Um den Chor zum „Schön-Singen“ anzuregen, lasse ich mir immer wieder neue Bilder und Geschichten einfallen, denn vieles erreicht man beim Singen allein über eine fantasievolle Vorstellung.
Eins steht bei allem im Vordergrund:
die Freude am Singen, denn die beste Lockerungsübung für das Zwerchfell ist das Lachen.
Und Lob ist die größte Motivation für jeden Menschen.

Gabriele Janich